Heute möchte ich ein paar Zeilen über den Friedrichsee schreiben, wo wir einen Großteil des Augustes verbracht haben.
Der kleine Waldsee liegt inmitten der Dübener Heide und ist umgeben von vielen Kiefern und Laubbäumen. Ein großer Sandstrand lädt ein zu allerlei Spielen, Sandburgen bauen, Wasserläufe anlegen, Löcher graben, Lehmofen bauen, Lagerfeuer machen und noch vielem mehr. Freiliegende Wurzeln, die durch den Rückgang des Wassers und Bodenerosion zutage getreten sind, werden zu abenteuerlichen Höhlen und malerischen Elfenpalästen und bieten außerdem wunderbare Klettermöglichkeiten.

Im vergangenen Sommer waren wir zum ersten Mal am Friedrichsee -damals noch mit dem Wohnmobil eines Freundes- und sofort fasziniert von diesem Ort. Im Juli diesen Jahres verbrachten wir erneut einige Tage am See, u.a. um beim Aktionstag „Schwitzen statt Spritzen“, gegen den Einsatz von Glyphosat in unseren Wäldern, mitzuwirken. Während dieses Aufenthaltes lernten wir Sven kennen, der Haus und Hof unweit des Sees hat und uns zum Bauworkshop „Holzbänke für den Lutherweg“ Anfang August einlud.
Wir entschieden uns daraufhin, zu Beginn unserer Reise erneut zum Friedrichsee zu fahren (woraus dann fast ein ganzer Monat wurde).

dsc_0252Es hat sich ergeben, dass wir am See während der ganzen Zeit in guter Gesellschaft waren…damit meine ich nicht die Badegäste und Tagestouristen oder Kindergruppen vom nebenan angesiedelten Kindererholungszentrum sondern unsere Freunde und Bekannte aus der (Leipziger) Freilernergemeinschaft und darüber hinaus, die mit uns dort waren oder für ein paar Tage zu Besuch kamen. Der Friedrichsee hat sich zum beliebten sommerlichen Treffpunkt entwickelt- dieses Mal waren es zeitweise bis zu fünf Familien, die gemeinsam dort verweilten. Die Kinder freuten sich über bekannte Spielgefährten und begrüßten auch neue Gesichter- sie waren eigentlich den ganzen Tag über gut miteinander beschäftigt. Wir Großen nutzten die Zeit für viele Gespräche mit den anderen Eltern, zum Infos austauschen oder einfach mal zum gemeinsamen Abhängen am Strand oder in der Hängematte. Dadurch, dass immer jemand Bekanntes zugegen war, konnten wir unsere Kinder auch mal einige Stunden am See zurücklassen, um mit dem Fahrrad durch die wunderschöne Heidelandschaft zu fahren und die Gegend zu erkunden oder Einkäufe zu erledigen. Bei einer dieser Erkundungsfahrten besuchten wir eine Mühlenbäckerei, in der einmal wöchentlich im Keller Brot auf traditionelle Weise gebacken wird- ein echter Geheimtipp!

dsc_0221Auch Geocaching erfreut sich in unserer Familie großer Beliebtheit und wir fanden so manchen Schatz in der näheren Umgebung (u.a. den „Schatz am Friedrichsee“).
Während des oben erwähnten Holzbankbauworkshop Anfang August machte uns Sven das Angebot, dass wir während seines Urlaubs in der Gästewohnung wohnen und uns dafür um Blumen, Garten und Katzen kümmern. Wir nahmen die Gelegenheit dankend wahr- so schnell kamen wir also zu unserem ersten Mal „Haus-/Hofsitting“, wer hätte das gedacht? Das Grundstück ist ein Traum: am Waldrand gelegen, von Feldern und Wiesen umgeben, weitläufig, mit einem kleinen Gemüsegarten, vielen Blumen, einer großen überdachten Veranda und vielen lauschigen Ecken. Die kleine Gästewohnung bot uns eine willkommene Abwechslung zum Wohnmobil und wir genossen es, warm duschen zu können, eine richtige Toilette zu benutzen, viel Platz zum Kochen zu haben…unsere Kinder dagegen freuten sich am meisten über die Möglichkeit, fernzusehen:-). Auch unsere Freunde vom See sind häufig im Hof vorbeigekommen und wir haben gemeinsam gekocht, Waldspaziergänge gemacht, Pilze gesammelt und des Abends gemütlich zusammen gesessen. Wir alle haben uns dort rundum wohl gefühlt und werden Sven und seine Familie wohl bald wieder besuchen.

dsc_0249Wie ich schon an anderer Stelle erwähnt habe, geht vom Friedrichsee und seinem umliegenden Wald eine besondere Energie aus, was wohl auch an den Menschen liegen mag, die dort leben bzw. die sich dort aufhalten. Wir hatten in den vergangenen Wochen eine Vielzahl spannender Begegnungen und interessanter Gespräche: Da ist zuallererst Klemens, Waldbesitzer und Visionär, der in einem Bungalow am See wohnt und immer eine offene Tür und ein offenes Ohr hat. Klemens hatte kürzlich zur Aktion „Schwitzen statt Spritzen“ eingeladen, da er seinen Wald nicht mit Pestiziden verseuchen will. Er engagiert sich u.a. für Naturschutzprojekte in der Dübener Heide, träumt von Familienlandsitzen und möchte demnächst eine Jurte in seinen Garten bauen. Er freut sich immer, wenn (Freilerner-)Familien am See campieren und stellt uns großzügig Wasser und Strom zur Verfügung.
Eines Tages spazierte Justav am Wohnmobil vorbei, schenkte uns spontan Gemüse und begann eine lange Unterhaltung mit uns. In den nächsten Tagen sollte er noch öfter vorbeikommen, um zu reden und Essen mit uns zu teilen. Er lebt ebenfalls in der Nähe vom See, befreit sich gerade von überflüssigem materiellen Ballast (so brachte er uns noch ein Waschbrett und einen Benzinkanister vorbei- Dinge, die wir gerade gut gebrauchen können) und strebt eine naturverbundene, einfache Lebensweise an. Justav gehört der Generation unserer Eltern an und hat genauso wie Klemens den Traum, eine Lebensgemeinschaft bzw. Familienlandsitze in der Dübener Heide entstehen zu lassen. Wir haben einige interessante Gespräche miteinander geführt und festgestellt, dass wir in vielen Punkten ähnlich denken, gerade was die Kritik an der Konsumgesellschaft angeht und der Notwendigkeit alternativer Lebensweisen.

dsc_0231Später haben wir Christian getroffen, der uns auf seinen kleinen „Landsitz“ unweit des Friedrichsees einlud und uns von seinen verschiedenen Projekten erzählte. Er lebt seit einigen Jahren im Wohnwagen und experimentiert gerade mit Strohballen für einen zukünftigen Ausbau, er hat sich eine eigene Aquaponik-Kläranlage gebaut, züchtet Gemüse nach Permakulturprinzipien, betreibt eine kleine Windkraftanlage, pflegt einige Bienenstöcke, aus denen er wunderbar leckeren Honig presst und will demnächst aus einer alten Waschmaschine eine Ölpresse bauen und wandelt leere Plastikflaschen in Wärme um, mit der er die Badewanne in seinem Wohnwagen beheizt. Wow, für uns war das alles sehr spannend und inspirierend! So kann einfaches und autarkes Leben also aussehen…wir wollen unbedingt noch mehr über all diese Methoden erfahren und werden Christian bald wieder treffen.

Regelmäßig versammelt sich eine Gruppe von (überwiegend) ortsansässigen Menschen zum „Steinkreis“, um schamanische Zeremonien und Rituale abzuhalten und gemütlich am Feuer beieinander zu sitzen. Ich wurde eingeladen, an einem „Erdheilungsritual“ teilzunehmen…dort lernte ich Kalle, den Dorfschamanen kennen, der sein großes Wissen zur Pflanzen- und Naturheilkunde von seiner Großmutter übermittelt bekam und es nun u.a. in Heilungszeremonien einsetzt. Der Steinkreis ist ein Treffpunkt verschiedenster Menschen, die alle die Liebe zu Mutter Erde eint und die sich auf unterschiedliche Art für eine gesündere und bessere Lebensweise einsetzen. Ich habe mich in diesem Kreis willkommen gefühlt und wieder einige neue interessante Bekanntschaften gemacht.
Heike, die mich zum Steinkreis mitgenommen hat, lernte ich in einer Bio-Bäckerei kennen…auch sie war sogleich sehr herzlich und offen und lud uns spontan auf ihr Grundstück ein- ein Blockhaus im Wald! Noch haben wir es nicht geschafft aber sicher werden wir bei Gelegenheit zu ihr fahren.
Nicht zuletzt möchte ich noch die Schulrektorin a.D. erwähnen, die täglich mit ihrem Hund zum See spazierte und mit der sich ein langes Gespräch über Schulpflicht versus Bildungsfreiheit ergab sowie den älteren Herren, von Beruf Schwimmeister a.D., der täglich sein Schwimmprogramm absolviert, die Wassertemperatur gemessen und uns die besten Badestellen im Umkreis empfohlen hat.
Eigentlich alle Menschen, mit denen wir näher in Kontakt traten, waren sehr offen, hilfsbereit und interessiert daran zu erfahren, was es mit unserem FamilienReisejahr auf sich hat.
Die Fülle inspirierender Begegnungen mit verschiedenen Menschen an diesem zauberhaften Ort stimmt uns zuversichtlich, dass wir, egal wo wir uns gerade aufhalten, immer auf liebe Mitmenschen treffen werden, die uns wohlgesonnen sind. Danke dafür!